Dutzende angenagte Bäume, Rutschspuren auf dem Weg und dem zugefrorenen See: Zwischen Naturschutzgebiet und Baggersee hat sich ein Exemplar des schwimmenden Nagers eingenistet. Wildhüter Martin Schürmann freut sich über den Zuwachs, sieht aber auch die damit potenziell einhergehenden Gefahren.

Wer in der Funtenen und entlang des Hüsenbachs spazieren geht, dem sind die angeknabberten Bäume vermutlich bereits aufgefallen: In Meiringen hat sich ein Biber eingenistet. «Er lebt bereits seit rund eineinhalb Jahren hier», bestätigt der zuständige Wildhüter der Region, Martin Schürmann. Er sei aber bei weitem nicht der erste Biber in der Gegend. «Wir hatten hier in der Gegend schon einige Biber, allerdings wurden sie bisher leider alle vom Zug überfahren.»
Dieser hier scheint etwas vorsichtiger als seine Vorgänger zu sein. Oder hat einfach mehr Glück. Bisher fühlt er sich hier offensichtlich sehr wohl, allein auf dem Dreieck zwischen Hüsenbach, Aare und Baggersee finden sich knapp ein Dutzend angeknabberter Bäume. Bei einigen fehlt nur etwas Rinde, andere hat der Biber fast komplett durchgenagt.


Zweiteres ist nicht ganz ungefährlich: «Wenn ein Baum stark beschädigt aber noch nicht gefällt ist, kann es sein, dass er von einem stärkeren Wind umgeweht wird», so Schürmann. Das sei besonders an Orten problematisch, an denen sich Menschen aufhalten. «Darum haben wir etwa direkt neben der Feuerstelle ein Gitter an einem angenagten Baum angebracht, damit der Biber diesen nicht weiter beschädigen kann.» Als wir aber an besagter Feuerstelle ankommen, liegt das Gitter neben dem halbgefällten Baum auf dem Boden. Offensichtlich habe es jemand entfernt. «Es gibt leider Menschen, die nicht verstehen, wie gefährlich so ein angenagter Baum sein kann, und für die der Schutz des Bibers an erster Stelle steht.»

Für einen Wildhüter wie Schürmann hat das Wohl der Tiere natürlich auch oberste Priorität. «Wir freuen uns sehr, dass die durch die Renaturierung des Gebiets wieder eine geschützte Art wie der Biber angelockt wurde.» Und er solle sich hier natürlich so wohl wie möglich fühlen. «Sollte aber wirklich ein Mensch durch den Biber zu Schaden kommen können, müssen wir einschreiten.» Soweit werde es aber hoffentlich nicht kommen. «Darum werden wir das Netz wieder befestigen und zusätzlich mit einer Hinweistafel versehen.»



Nicht nur umstürzende Bäume sind eine Gefahr, die ein Biber mit sich bringt: Durch den Bau der Nager kommt es immer wieder zu Überschwemmungen. Darüber macht sich Schürmann aber keine Sorgen. «Wir haben hier zum Bach ein starkes Gefälle, sodass das Wasser gut ablaufen kann.» Und dass der Biber seinen Bau im fast ebenerdigen Baggersee baue, sei sehr unwahrscheinlich. «Vermutlich hat er seinen Bau weiter oben im Schutzgebiet gebaut.» Dort, im fliessenden Wasser des Hüsenbachs, könne das Wasser nicht gefrieren. «Hier im See könnte der Biber wegen der dicken Eisschicht eventuell nicht mehr in seinen Bau, da der Eingang zu diesen fast immer unter Wasser liegt.»


Gefunden hat Schürmann den Bau trotz ausgiebiger Suche noch nicht. Auch den Biber selbst hat der Wildhüter noch nicht gesehen. «Obwohl ich hier sehr häufig unterwegs bin.» Andere hatten da mehr Glück. «Eine Anwohnerin hat ihn kürzlich bei ihrem Morgenspaziergang entdeckt.» Das sei aber sehr selten. «Biber sind sehr scheue Tiere und zudem nacht- und dämmerungsaktiv.» Die besten Chancen, den Neuzuzüger zu sehen, hätte man also in der Nacht. «Wegen der Menge an frischen Spuren halte ich es sogar für möglich, dass wir hier nicht nur einen Biber, sondern ein Pärchen haben.» Möglicherweise kriegen geduldige Nachtspaziergänger im Frühling dann sogar ein paar Biber-Babys zu Gesicht.
