Im September 2020 wurde bekannt, dass das Grundwasser in Kandergrund durch illegal im Steinbruch Mitholz deponiertes und belastetes Material verschmutzt sein soll. Bisher ist das noch nicht bestätigt. Der einheimische Grossrat Ernst Wandfluh will Antworten.

Das Drama um die Verschmutzung des Blausees geht in den nächsten Akt: Erst vergangene Woche wurde bekannt, dass die Berner Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung gegen die Verantwortlichen der Transportfirma TGC eröffnete (diese Zeitung berichtete). Doch das ist für den SVP-Grossrat Ernst Wandfluh noch nicht genug.
Hier im Tal sei das ein grosses Thema, so der Kandergrunder. «Wie fragen uns, was eigentlich los ist? Warum verenden die Fische hier?» Etwas stimme ja ganz offensichtlich nicht. Am Ende spiele es auch keine Rolle, ob es die 40 Tonnen sind oder nicht. «Aber wenn ein Lebewesen deswegen stirbt, ist das eines zu viel.»

Darum reichten Wandfluh und Partei-Kollege Zimmermann bereits im September eine Motion zur «lückenlosen Aufklärung der Ereignisse in der Region Blausee» ein und verlangten in einem zusätzlichen Brief, dass die Geschäftsprüfungskommission des Rats (GPK) aktiv wird. Am Freitag folgte nun eine Anfrage. Darin fordert Wanderfluh die Beantwortung von drei Fragen.

«Ich will wissen, wann wir mit Erkenntnissen aus der GPK rechnen können.» Die Rolle des Kantons in der Geschichte solle so schnell wie möglich geprüft werden. «Als der Skandal durch die Pressekonferenz der Forellenzucht Blausee bekannt wurde, sagten diese, sie seien beim Amt für Wasser und Abfall (AWA) gewesen, doch das habe ungenügend oder mit unangemessenem Verzug gehandelt» Natürlich sei es möglich, dass das AWA korrekt gehandelt habe. «Aber falls nicht, darf so etwas einfach nicht passieren.» Dem stellt sich die zweite Frage: Wer muss aus Sicht des Regierungsrats Verantwortung für die Situation übernehmen?
Durch den dritten Punkt soll der Regierungsrat garantieren, dass das belastete Material rasch, fachgerecht geräumt und entsorgt wird oder dafür sorgen, dass niemand zu Schaden kommen kann. «Um unser Trinkwasser mache ich mir keine Sorgen, unsere Quellen liegen alle über dem Steinbruch», so Wandfluh. Einzig die Gemeinden Frutigen und Reichenbach würden ihr Trinkwasser aus dem Grundwasser pumpen, wenn die Quellen zu wenig liefern. «Beide haben aber nie etwas Besorgniserregendes gefunden.»

Jetzt gäbe es allerdings eine neue Ausgangslage: «In SRF-Rundschau diese Woche sagte Geologe Marcos Buser, dass die Schadstoffe durch starken Regen in den Blausee gespült werden.» Ähnliches hätte auch die Forellenzucht Blausee angedeutet, da sie ein erhöhtes Fischsterben nach starkem Niederschlag oder im Frühling beobachtet hätten. «Das heisst, dass die Schadstoffe möglicherweise im Grundwasser sind.» Was für ihn wiederum bedeute, dass das AWA nun regelmässig nach starkem Regen während mehrerer Tage Grundwasser-Proben nehmen müsse. Und wenn es sich bewahrheite, dass es im Mitholz belastetes Material gibt, dass das Grundwasser gefährdet, dann gäbe es keine Diskussion, was damit passieren müsse. «Dann muss das weg und das nicht erst morgen, sondern am besten fahren gleich noch am Nachmittag die Bagger in den Steinbruch.»

Darum hätte er eine Anfrage eingereicht. Diese sei zwar das schwächste, der ihm zu Verfügung stehenden parlamentarischen Mittel, allerdings müsse sie zwingend bei der nächsten Session beantwortet werden. Denn Zeit ist für Wandfluh ein wichtiger Faktor: «Das ganze wurde erst im letzten September öffentlich, aber wer wie lange bereits von der Geschichte wusste, wissen wir aktuell natürlich noch nicht.»
Laut Medienberichten solle etwa die Firma Vigier, der der Steinbruch gehört, bereits seit 2017 von dem belasteten Material gewusst haben und darum die Lieferungen gestoppt haben. «Und falls jemand davon gewusst hat, hätte die Firma aktiv werden müssen.» Denn auch wenn das schädliche Material entfernt werden könne, sei ein nachhaltiger Schaden entstanden. «Das Vertrauen in die Region ist weg: Sei es der Gourmet, der keinen möglicherweise verseuchten Fisch essen möchte, oder die Touristen, die dem Blausee aufgrund der potenziellen Verschmutzung fernbleiben.» Und das, obwohl der restliche Fischbestand und die Wasser-Proben unbedenklich wären. Denn im Zweifelsfall gehe man lieber auf Nummer sicher.

«Darum ist es so wichtig, dass jetzt schnell etwas passiert. Damit der Schaden so klein wie möglich bleibt.» Und je länger es dauere, desto mehr verliere die Kandergrunder Bevölkerung das Vertrauen in die Behörden. «Das ist das Schlimmste, das passieren kann, denn das wieder aufzubauen, dauert ewig.» Dadurch kriegt der Titel der Anfrage eine völlig neue Bedeutung: «Wann kann sich die Bevölkerung wieder sicher fühlen?»