Gina Krückl

Reporterin

Darauf sollten Sie beim Pilzesammeln achten

Rund 5000 Sorten gibt es in Europa, davon sind aber nur ein paar hundert essbar. Wer nicht versehentlich seine Familie mit selbst gemachtem Pilzragout vergiften will, sollte wissen, was er macht. Oder sich von den Experten der Pilz-Kontrollstelle Unterseen helfen lassen.

Helene Schneider und Hans Wysser kontrollieren seit Jahren Pilze auf der Kontrollstelle der Gemeinde Unterseen.

Die Wälder auf dem Rugen oberhalb von Interlaken sind zwar noch grösstenteils grün, dennoch ist der Boden mit herbstlich verfärbten Blättern bedeckt. Die vereinfachen das Ziel von Helene Schneider und Hans Wysser nicht. Die beiden sind Mitglied im Verein für Pilzkunde Interlaken und Umgebung und bilden gemeinsam mit

Walter Matter das Pilz-Kontrollteam der Gemeinde Unterseen. Das bedeutet, dass sie abwechselnd drei Abende die Woche im Werkhof in Unterseen Pilze auf ihre Essbarkeit überprüfen. Heute sind die beiden aber privat unterwegs: Auf der Suche nach Pilzen.

Mit dem Beginn des Oktobers neigt sich die Saison dem Ende. Wer nun noch bei der Suche im Wald fündig werden will muss die richtigen Plätze kennen. Und die richtige Zeit erkennen. «Kalte Temperaturen machen Pilzen nicht viel aus, aber sie mögen es feucht», so Wysser. Wenn es also die vergangenen paar Tage geregnet hat, habe er bei seiner Suche meist mehr Glück. Dann braucht man vor allem ein gutes Auge.

Heute haben die beiden nicht sehr viel Erfolg: Über eine Stunde durchforsten sie den Waldboden und der einzige essbare Pilz, den sie finden, diente bereits diversem Getier als Zmorge.

Dieser Maronenröhrling wurde bereits von Mäusen, Eichhörnchen oder anderen Nagern gefunden.

Alle anderen Fundstücke stehen auf der Skala von «kein Speisepilz» bis «tödlich giftig». «Im europäischen Raum gibt es ca. 5000 verschiedene Pilzsorten», so Schneider. Davon sind mehrere hundert Arten Speisepilze.. «Wenn man sich bei einem Pilz unsicher ist, lässt man ihn lieber stehen.» Oder nutze eben die Kontrollstelle der Gemeinden.

Für diese ist Schneider bereits seit 20 Jahren tätig, Wysser seit 30 Jahren. In dieser Zeit haben die beiden schon einiges gesehen. «Es gibt immer wieder Leute, die kommen mit zu alten und teils völlig verschimmelten Pilzen zu uns», sagt Schneider. Die verstünden dann meist nicht, warum sie diese nicht mehr essen sollten. «Sie fragen sich, wie etwas schlecht sein kann, was sie selbst im Wald gesammelt haben.» Wenn die Sammler dann aber das meist schon wurmdurchzogene Fleisch im inneren der betroffenen Pilze sehen vergeht ihnen schnell der Appetit. «Pilze sind sehr heikel und ausgewachsen sind sie nicht sehr lange essbar.» Darum sei es auch wichtig, beim Sammeln bereits für genug Durchlüftung zu sorgen. «Am besten nimmt man einen Korb oder einen Stoffsack mit.»

Darauf sollten Sie beim Pilzesammeln achten.

Auch nicht essbare Pilze haben Nutzen

Dennoch ist die heutige Suche für die beiden kein Reinfall. Einige der Pilze, die sie heute gefunden haben, will Schneider mit nach Hause nehmen. Dort kämen sie unters Mikroskop, um ihre Sporen zu identifizieren. Die sind nur rund eins bis drei Mikrometer klein und damit von blossem Auge unmöglich zu sehen. Dennoch können sie sehr viel bewirken. «Wenn jemand mit einer Pilzvergiftung ins Spital kommt, können wir durch unser Wissen manchmal helfen.» Doch glücklicherweise kämen solche Fälle nur sehr selten vor.

Auch mit diesen nicht essbaren und teils sehr giftigen Pilzen können die Kontrolleure etwas anfangen.

Wysser nutzt die Gelegenheit, um eine neue App zu testen. Jeden Fund hält er in die Kamera und lässt ihn von der App in ihrer Datenbank suchen. Mit dem Ergebnis ist er aber überhaupt nicht zufrieden: In 90 Prozent der Fälle liegt sie seiner Meinung nach falsch. Daher finde er ihren Nutzen auch sehr «fragwürdig». Sie würden Sammler in falscher Sicherheit wiegen. So identifizierte das aktuelle Modell einen grünblättrigen Schwefelkopf (giftig) mit einem rauchblättrigen Schwefelkopf (Speisepilz). Daher ist für Wysser klar: «Jemand der Pilze nicht kennt, sollte sich absolut nicht auf diese Apps verlassen.» Die Apps dienen nur als Hilfsmittel beim Pilze sammeln, die definitive Sicherheit, ob ein Pilz essbar ist oder nicht, gibt nur die Pilzkontrolle.

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