365 Tage im Jahr sind die Angestellten der Klinik Schönberg in Gunten im Einsatz: darunter auch die Teamleiter Ines Fahrni und Ioan Vizaru. Für die Jungfrau-Zeitung-Serie «Fleissige Feiertage» erzählen die beiden aus ihrem Arbeitsalltag – Und wie der Druck auf sie und ihre Mitarbeitenden in der vorweihnachtlichen Zeit steigt.

Es weihnachtet sehr. Zwar hat das noch niemand dem Wetter erzählt, aber schon seit Wochen locken die Läden mit Weihnachts-Sales, gefühlt jedes zweite Lied aus dem Radio ist ein Weihnachtssong und die Liste der meistgesehenen Filme auf Netflix besteht auch fast nur noch aus Weihnachtsfilmen. Das alles soll der miesen Stimmung entgegenwirken, die sich aufgrund der nur im kleinen Rahmen möglichen Weihnachtsfeiern breitmacht. Das grosse Essen, für das auch die entfernten Cousins zweiten Grades vom andern Ende der Schweiz einreisen, kann in diesem Jahr nicht stattfinden. Stattdessen feiert wohl ein Grossteil der Schweizerinnen und Schweizer im kleinsten Familienkreis: Mit dem Partner und den Kindern, den Eltern und den Geschwistern.

Die meisten arbeiten nur noch wenige Tage oder haben sich vielleicht bereits in die Weihnachtsferien verabschiedet. In einigen Branchen sind «Weihnachtsferien» aber ein Fremdwort. Hier wird auch an den Feiertagen wie gewohnt weitergearbeitet, für manche ist dann sogar Hochsaison. Eine der Branchen, die niemals Ferien macht, niemals Ferien machen kann, ist die Pflege-Branche. In dieser arbeiten auch Ines Fahrni und Ioan Vizaru, beides diplomierte Pflegefachpersonen und in der Klinik Schönberg angestellt.

Beide arbeiten seit über drei Jahren in der Rehaklinik in Gunten. Vizaru fing als Praktikant an und arbeitete sich in dieser kurzen Zeit zum Teamleiter hoch, Fahrni stieg aufgrund ihrer rund 30-jährigen Erfahrung bereits als Teamleiterin ein. Gemeinsam mit zwei weiteren Teamleitern sind sie für den Pflegedienst in den fünf Häusern der Klinik zuständig, die nach den umliegenden Bergen benannt sind: Eiger, Mönch, Jungfrau, Niessen und Stockhorn.



In jedem der Häuser sind ein Arzt-, eins Stations- und mehr oder weniger Patientenzimmer untergebracht, ansonsten hat jedes Haus eine eigene Funktion. So befindet sich etwa eine Psychologin im Haus Eiger, ein Sozialberater im Haus Niessen oder ein Röntgenzimmer in einem Verbindungstunnel zwischen den Häusern Mönch und Jungfrau. Alle Häuser sind mit solchen Tunneln und Durchgängen verbunden – abgesehen vom Haus Stockhorn. Um zu diesem zu gelangen, muss man einen kleinen Spaziergang durch den Klinikpark machen.

«Wegen seiner separierten Lage haben wir hier unsere Corona-Patienten untergebracht», erzählt Fahrni auf dem Rundgang durch die Klinik. Zwar seien das nicht viele,
aktuell sieben, dennoch würden alle nötigen Vorsichtsmassnahmen getroffen. Die Patientenzimmer liegen hier hinter einer gläsernen Brandschutztüre. Wer hier rein will, darf dies nur mit der entsprechenden Schutzkleidung – egal ob Arzt, Pflegende oder Putzkraft. «Um die Angestellten und natürlich auch die anderen Patienten zu schützen, tragen wir in der Quarantänezone nebst FFP-Masken und Handschuhen zusätzlich Schutzkleider und -brillen.»

Das Haus Niessen bildet das Zentrum der gesamten Klinik. Hier ist der Haupteingang mit der Rezeption sowie die öffentlichen Aufenthaltsräume der Patienten. Gerade letztere übertreffen den Standard einer normalen Klinik: Im Eingangsbereich gibt es etwa einen Coiffeursalon und eine kleine Leseecke mit Kamin. Und im Restaurant dinieren die Patienten auf Stofftischtüchern und mit Stoffservietten. «Das sind diese kleinen Extras, die unsere Patienten schätzen», so Fahrni. Gerade der Coiffeur sei sehr gut besucht.


Das vermutlich grösste Extra, das die Patienten hier geniessen dürfen, ist die spektakuläre Aussicht über den Thunersee. Dominiert wird diese sicherlich von dem auf der gegenüberliegenden Seeseite liegenden Niessen, sie reicht aber vom Richtung Thun liegenden Stockhorn bis hin zu den aktuell häufig im Nebel liegenden Eiger, Mönch und Jungfrau. Diese Aussicht gibt es fast an jedem Ort in der Klinik: Auf der Terrasse, im Restaurant, in einem Grossteil der Patientenzimmer und sogar im Fitnessraum.



Ganz so idyllisch läuft es hinter den Kulissen natürlich nur selten: «Unsere Tage sind meist ziemlich stressig», so Fahrni. Etwa müssten die «normalen» Pflegearbeiten bis 10 Uhr erledigt sein. «Dann machen wir Rapporte, empfangen neue Patienten und immer mal wieder gibt einen Notfall, der die Planung über den Haufen wirft.» Das gehöre aber zum Job.
Für Vizaru machen genau diese Herausforderungen den Reiz an seinem Beruf aus: «Jeden Tag gibt es ein neues, kleineres oder grösseres Problem, das wir lösen müssen.» Das mache den Job unglaublich interessant. «Und wenn am Schluss sowohl Patienten als auch Mitarbeitende zufrieden sind, macht das Freude.»

Gerade in dieser schwierigen Zeit sei eine gute Zusammenarbeit im Team besonders wichtig, so Fahrni. Denn auch ohne die Coronapandemie sei die Vorweihnachtszeit in der Pflege-Branche besonders anspruchsvoll. «Fast jedes Jahr vor den Feiertagen schicken uns die Spitäler nochmals überdurchschnittlich viele Patienten – vermutlich um ihre eigenen Betriebe zu entlasten.» Was den Druck auf die Mitarbeitenden der Rehaklinik zusätzlich steigert.

«Das Schwierigste an unserem Job ist der Spagat zwischen Qualität und Quantität», so Fahrni. Durch den enormen Zeitdruck könne man sich nicht immer die Zeit für einen Patienten nehmen, die man gerne möchte. «Viele von ihnen möchten sich nach der Pflegearbeit gerne ein wenig unterhalten. Dazu haben wir aber leider häufig schlicht keine Zeit.» Und gerade jetzt mit Corona sowie den bevorstehenden und vermutlich recht einsamen Feiertagen steige der Redebedarf der Patienten. «Und wenn wir dieses dann meistens abblocken müssen, ist das sehr unbefriedigend.» Laut Vizaru seien die Patienten aber glücklicherweise sehr verständnisvoll: «Sie sehen, dass wir unser Bestes geben.»