Gina Krückl

Reporterin

Deborah Lanz: «Endlich angekommen»

Die neue künstlerische Leiterin des Kleintheaters auf dem Bödeli kann auf eine lange und aufregende Karriere zurückblicken. In ihrem neuen Amt will sie alte Traditionen und neu gewonnene Weisheiten miteinander verbinden.

Jürg Frei (links), Stiftungsratsmitglied des Kunsthaus Interlaken, und Deborah Lanz, Chefin des Art7-Theaterensembles, haben am 20. März offiziell die Funktion von Fritz Aeschimann und Renate Siegenthaler (nicht im Bild) im Schlosskeller Interlaken übernommen.

Seit über einem Monat steht der Schlosskeller Interlaken unter neuer Leitung. Bei dem zur Tradition gewordenen Sonntagsinterview zum Saisonabschluss verabschiedete Moderator Roland Seiler das teilweise 45 Jahre tätige Team und begrüsste gleichzeitig die neuen Gesichter an der Spitze des Schlosskellers. Eines davon gehört zu Deborah Lanz.

Lanz‘ Gesicht ist auf dem Bödeli mit Sicherheit kein unbekanntes. Vor knapp 15 Jahren gründete sie die Theater-Institution Art7 und feierte im Schlosskeller Interlaken. Seither gehörte das Art7-Ensemble, in dem Lanz als Schauspielerin, Regisseurin und Drehbuchautorin fungiert, zum Stamm-Repertoire des Schlosskellers.

Zwei neue Stücke

Sie habe auch Angebote fürs Stadttheater und Filme erhalten, so Lanz. Angenommen habe sie bis jetzt nie. «Ich habe immer gespürt, dass die grosse Bühne nicht mein Weg ist.» Stattdessen blieb sie auf den «kleinen» Bühnen und produzierte im Laufe ihrer Karriere über drei Dutzend Stücke. Die 40 dürfte sie bald im Sack haben. Noch dieses Jahr stehen zwei neue Produktionen auf dem Plan: ein Stück gemeinsam mit ihrem Art7-Ensemble und ein komplett eigenes Stück.

Deborah Lanz ist die neue künstlerische Leiterin des Schlosskeller Interlaken.

Ideen für weitere Werke – und nicht mal zwingend auf der Bühne – hat Lanz viele. Details zu den bereits werdenden und den noch in ihrem Kopf steckenden Produktionen will sie aber keine verraten. «Wenn ich etwas sage, ist das für mich verpflichtend.» Deswegen verfolge sie den Grundsatz: Lieber einmal etwas zu wenig sagen und eins nach dem anderen machen. Das war nicht immer so.

Schon früh kreativ

Das künstlerische Schaffen von Lanz hat schon sehr früh angefangen. «Schon im Alter von vier oder fünf Jahren konnte ich stundenlang basteln und Geschichten erfinden.» Am liebsten ging sie in den nahe bei ihrem Elternhaus gelegenen Wald, baute kleine Häuser und malte sich die Leben der darin wohnenden Menschen aus. «Das Spielen wurde zur Realität. Deswegen war es für mich jeweils richtig schlimm, wenn ich wieder ins Haus musste.»

Schlosskeller Interlaken: Vor dem Start der neuen Saison hat die neue künstlerische Leiterin Deborah Lanz alle Hände voll zu tun.

Auch später wollte Lanz nicht ans Aufhören denken. «Ein Projekt hat das nächste gejagt und ich war mehr oder weniger 24/7 am Arbeiten.» Dabei hätte sie sich fast selbst kaputtgemacht, denn als hochsensible Person liegt ihr eine solche «Gangart» eigentlich nicht. «Ich hatte sehr hohe Ansprüche – an mich selbst und auch an andere, weswegen ich ständig unter Hochdruck stand.»

Perfektion bis zum Schluss

Eines der vielen laufenden Projekte mal nebenbei hinzupfuschen, kam für Lanz aber nie infrage. Stattdessen vereinbarte sie mit der Crew, dass diese um 23.30 Uhr das Licht löscht und sie vom Bühnenbild wegzerrt, obwohl beim Baum ganz rechts noch «ein letztes Blatt» aufgeklebt werden sollte. «Bevor ich anfange zu pfuschen, höre ich auf.»

Deborah Lanz (links) und der Schlosskeller verbindet eine lange gemeinsame Zeit. Hier ist sie 2008 mit Sabine Wohlleber zu sehen, die als Regisseurin der Art7-Produktion von Dürrenmatts «Meteor» fungierte. Foto: Christoph Buchs

Der Gedanke ans Aufhören sei ihr in dieser stressigen Zeit immer mal wieder durch den Kopf geschossen, so Lanz. Gerade dann, wenn es noch während der Laufzeit eines Stückes absehbar ist, dass es am Ende nur schon mit einer schwarzen Null in der Rechnung schwierig werden dürfte. Jedem Künstler sei klar, dass man – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – mit dieser Arbeit nicht reich werde. «Wenn man aber so viel Zeit, Arbeit und Herzblut in ein Stück investiert, ist ein Minus-Ertrag am Ende ziemlich hart.»

Pandemie sei Dank

Vom Gedanken ans Aufhören ist Lanz aktuell meilenweit entfernt. Das hat sie zum guten Teil der Corona-Pandemie zu verdanken. «Der Anfang war grauenhaft, weil wir nicht mehr spielen durften, und alles, wofür ich die letzten 15 Jahre gearbeitet hatte, war schlicht weg.» Glücklicherweise hatte sie sich bereits im Jahr zuvor entschlossen, nebenberuflich wieder ihren gelernten Beruf als Krankenschwester aufzunehmen, wodurch sie eine finanzielle Notlage, wie sie so viele andere in ihrer Branche erlitten, abwenden konnte. Die daraus aber ebenfalls resultierende künstlerische Zwangspause nutzte sie, um an sich selbst zu arbeiten.

Nicht nur hinter, sondern auch auf der Bühne macht Deborah Lanz eine gute Figur, wie hier 2020 beim Zweifrauenstück «Die Wespe» mit Jeanne Zaugg (links). Foto: Nora Devenish

«Erst als ich von Corona ausgebremst wurde, habe ich gemerkt, wie müde ich bin», so Lanz. In den letzten zweieinhalb Jahren habe sie sich damit befasst, wer sie ist, was sie braucht, wo sie hingehört, was ihr guttut und was nicht. «Diese Fragen sind gar nicht so leicht zu beantworten, wenn es von überall her beeinflusst wird.» Während dieses Prozesses habe sie viele Sachen loslassen müssen, um sich selbst zu befreien. «Jetzt bin ich aber endlich angekommen.»

Lartrium und Artspirit im Schlosskeller

Neben ihrer 80-Prozent-Stelle als Nachtschwester im Spital Interlaken absolvierte sie zusätzlich mehrere Ausbildungen, die sie bereits seit Jahren machen wollte: Meditationsleitung, Hypnosystemisches Coaching, Kunsttherapie und Fachberatung Hochsensibilität. Jedes Einzelne davon fliesst nun in das neue Konzept, das Lanz für den Schlosskeller Interlaken entwickelt hat.

Das bisherige Programm des Schlosskellers soll um zwei weitere Pfeiler erweitert werden.

«Wir haben Art7 zwar nie so begrenzt, dennoch wurde es von aussen schon immer als eine reine Theaterproduktion angesehen», so Lanz. Das neue Konzept «Lartrium» soll nun neben Art7 einen erweiterten Raum für Kunst, Kreativität und Entfaltung bieten. Ein Teil davon ist die neue Praxis «Artspirit», in der Lanz – insbesondere mit ihren kürzlich abgeschlossenen Ausbildungen – Menschen in schweren Lebenssituationen sowie im Prozess auf ihrem Weg und in der kreativen Entfaltung begleiten will.

«Mir ist es wichtig, in die Fussstapfen meiner Vorgänger zu treten und ihren Weg weiterzugehen», so Lanz. Die vielen talentierten Stammkünstler und die stark geschätzte Vielseitigkeit des Programms sollen auch weiterhin ihren Platz haben und weiter ausgebaut werden.

Künstlerin und Nachtschwester

Nebst ihrer neuen Praxis «Artspirit», ihrer neuen Aufgabe als künstlerische Leiterin des Schlosskeller Interlaken und dem Weiterführen von Art7 will Deborah Lanz auch weiterhin in einem reduzierten Pensum als Nachtschwester arbeiten. «Ich habe sehr lange überlegt, damit aufzuhören, aber die Arbeit gerade in diesem tollen Team liegt mir zu sehr am Herzen.»

Deborah Lanz 2018 umgeben von Requisiten ihres Werks «Herzhüter». Foto: Nora Devenish

Immer wieder seien Menschen überrascht, dass sie ihr Leben nicht ausschliesslich als Vollblutkünstlerin lebt, so Lanz. Für sie würden diese beiden Aspekte ihrer Persönlichkeit allerdings Hand in Hand gehen. «Ich sage immer: Ich bin für die Schauspielerei eigentlich gar nicht derart begabt, sondern durch meine Hochsensibilität nur so empathisch, dass ich mir Emotionen sehr leicht abschauen kann.»

Weiter Beitrag

Zurück Beitrag

Antworten

© 2025 Gina Krückl

Thema von Anders Norén