Die Schützen des Oberländer Vereins lassen sich von keinem Virus unterkriegen. Trotz Verschiebung des Datums und eines strengen Schutzkonzepts können sie dieses Wochenende doch noch an dem jährlichen Event teilnehmen.

Wie so viele andere Grossveranstaltungen konnte auch das Eidgenössische Feldschiessen in diesem Jahr nicht wie üblich stattfinden. Eigentlich war es am ersten Juniwochenende geplant, da steckte die Schweiz aber noch im Lockdown. Um die über 130-jährige Tradition nicht abbrechen zu lassen, rückte der Schweizer Schiesssportverband vom bisher gültigen Prinzip ab und ermöglichte es den Vereinen, das Feldschiessen quasi «als Vereinsanlässe» bis Ende September durchzuführen.
Diese Möglichkeit haben die meisten Vereine genutzt. Während aber bei einem Grossteil die Verschiebedaten mittlerweile bereits stattgefunden haben, beginnt der letzte Teil des Wettkampfs in Meiringen erst heute. Alex Helbling, Präsident des veranstaltenden Vereins PS Oberhasli-Meiringen freut sich schon darauf: «Es ist immer wieder schön, seine Freunde zu sehen. Auch wenn es nur im kleinen Rahmen möglich ist.»
Helbling kommt ursprünglich aus dem Kanton Schwyz, zog aber vor sieben Jahren jobbedingt nach Meiringen. Fast genau solange ist er bereits Vereinsmitglied. Das Schiessen ist für Helbling nicht nur ein Hobby. Als Mitarbeiter der Dienstabteilung Sicherheit der Grenzwache in Interlaken gehört der regelmässige Umgang mit Waffen für ihn auch zum Beruf.
Doch der Job wird vermutlich irgendwann der Grund sein, wieso er das Vereinspräsidium niederlegen muss. «Meine aktuelle Stelle ist grundsätzlich zeitlich beschränkt», so Helbling. «Das heisst, dass ich theoretisch schon morgen an einen anderen Standort versetzt werden könnte.» Für den Verein sieht er darin aber eine Chance: «Nach fünf Jahren wäre ein Machtwechsel vermutlich nicht schlecht.» Besonders über ein jüngeres Präsidium mit neuen, frischen Ideen würde er sich freuen. «Mit meinen 47 Jahren zähle ich im Schiesssport leider bereits zu den Jungen.»
«Gesundheit ist das höchste Gut»
Mit ein Grund, warum der Verein nicht schon im Juni wieder mit dem Training begonnen hat, obwohl es seit den ersten Lockerungen wieder erlaubt gewesen wäre. Und warum Helbling die Einhaltung der BAG-Vorgaben bei den Wettkämpfen und auch im Training auch jetzt noch besonders wichtig ist. «Ein Grossteil der Mitglieder von Schützenvereinen gehört zu einer älteren Generation und gehören damit zur Risikogruppe», so Helbling. Der älteste Schütze des PS Oberhasli-Meiringen ist 85 Jahre alt. «Die Gesundheit ist das höchste Gut und das würden wir nicht für ein Training aufs Spiel setzen.»
In diesem Sinne hat der Vorstand den Wettbewerb dieses Wochenende genauestens vorbereitet. «Im Schiessstand werden sich jeweils nur fünf Schützen aufhalten, während die nächsten fünf in der Wartekabine sind. Die restlichen Leute können ausserhalb des Stands auf Abstand gehen.» Zudem führe der Verein natürlich eine Liste, wer wann geschossen hat, um so bei einem Covid-Fall alle möglicherweise Betroffenen informieren zu können.

Im vergangenen Jahr kamen knapp 120 Schützeninnen und Schütze ans Eidgenössische Feldschiessen in Meiringen. Inwiefern sich die Pandemie auf ihre Besucherzahlen auswirkt, kann Helbling nicht abschätzen. «Es werden sicher einige frühere Besucher fernbleiben», so Helbling. Gerade gestern habe er aber eine Anmeldung vom anderen Ende des Berner Oberlands erhalten, da der dortige Verein dieses Jahr keinen Wettkampf veranstalte. «Wenn wir dieses Wochenende rund 100 Besucher hätten, wäre ich sehr zufrieden.»
Auch sonst hält sich der Vereinspräsident mit Prognosen lieber zurück: Einen Ausblick wer das Eidgenössische Feldschiessen 2020 gewinnen könnte, wagt er nicht. «Jedes Jahr erreichen mehrere Leute die höchste Punktzahl.» Dann komme im Hobbysport die Seniorität zum Zuge, Junioren vor Senioren vor Aktiven. Im Profisport nutzt man Auswertemaschinen, die auf einen Hundertstel Millimeter genau messen. Die gibt es am Eidgenössischen Feldschiessen zwar auch, deren Nutzung liegt aber nicht an der Tagesordnung. «Das Feldschiessen ist halt doch vor allem ein Volksfest.» Trotz der Einschränkungen in diesem Jahr sei diese Mentalität noch da. «Für uns geht es darum teilzunehmen, Spass zu haben und seine Freunde mal wieder zu sehen.»
Was ist das Eidgenössische Feldschiessen? Gemäss des Schweizer Schiessportverbands ist das Eidgenössische Feldschiessen das grösste Schützenfest der Welt. Seinen Ursprung hat es im Obligatorischen Schiessen des Militärs: Weil die Resultate des jährlichen Zielschiessens «allgemein unbefriedigend» gewesen seien, habe die Armee eine obligatorische ausserdienstliche Schiesstätigkeit eingeführt. 1872 fand das erste Feldsektionswettschiessen auf dem Berner Twannberg statt. Zunächst konnte das Feldschiessen allerdings nebst Bern nur in einigen anderen Zentralschweizer Kantonen Fuss fassen. Erst 1926 nahmen erstmals sämtliche Kantone an dem Wettbewerb teil, seit 1940 wird er jährlich durchgeführt. Im Jahr 1919 kam zu der Disziplin Gewehr- zusätzlich das Pistolenschiessen hinzu. Teilnehmen darf jeder, der im Wettkampfjahr das zehnte Altersjahr erreicht. Wer kein Schützenvereinsmitglied ist, wird einem Verein zur Betreuung zugewiesen. Zugelassen sind nur Ordonnanzwaffen, also eine offiziell beim Militär eingeführte und an Soldaten als persönlicher Ausrüstungsgegenstand ausgegebene Waffe.