Die Schwinger wurden eingeladen, ihre Porträts im Pavillon der Schwingerkönige aufzuhängen. Beide nahmen die Einladung an und kamen am vergangenen Samstag auf den Springenboden. Damit führen sie diese Tradition trotz der Coronakrise fort.

Vor gut einem Jahr gewann Christian Stucki völlig überraschend am Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (Esaf) in Zug. Im Gegensatz zu den damaligen Favoriten gehört Stucki mit seinen damals 34 Jahren schon zu den Schwingsenioren. Dennoch konnte er im Schlussgang den damals 22-jährigen Joel Wicki nach nur 42 Sekunden besiegen und lag damit mit diesem Punktemässig gleich auf. Dadurch wurde Stucki zum ältesten Schwingerkönig überhaupt und verwies Wicki auf den Platz des Erstgekrönten.
Stucki wurde anschliessend gross gefeiert, wurde sogar als erster Schwinger überhaupt Sportler des Jahres. Am Samstag, fast 14 Monate nach dem entscheidenden Schlussgang, wurden nun Schwingerkönig Stucki und Erstgekrönter Wicki erneut geehrt. Sie durften eigenhändig ihr Portrait im Pavillon der Schwingerkönige auf Springenboden anbringen. Dort hängen die Bilder aller Schwingerkönige und Erstgekrönten seit Beginn des Esaf in 1895.

Wobei der zweite Titel nicht allzu oft vergeben wurde. Erstens, weil der Begriff erst in den 40er-Jahren aufkam, und zweitens, da ein Punktegleichstand zwischen den besten beiden Schwingern eher selten ist. Das letzte Mal geschah dies vor 30 Jahren: 1989 verlor Eugen Hasler gegen den damals erst 18-jährigen Adrian Käser. Wodurch dieser zum jüngster Schwingerkönig aller Zeiten wurde.

Kurz nach der offiziellen Zeremonie des Bildaufhängens verabschiedet sich Wicki. Zuvor macht er aber einem Fan eine Freude und unterschreibt ein T-Shirt. «Eigentlich wollte er gar nicht kommen», sagt Norbert Schmid, Geschäftsführer vom Naturpark Diemtigtal und Organisator des heutigen Anlasses. Wicki habe aufgrund der Corona-Krise an keinem öffentlichen Event teilnehmen wollen. «Dank unseres Schutzkonzepts konnten wir ihn dann aber überzeugen, zumindest seiner Ehrung beizuwohnen.»


Zu Beginn der Veranstaltung weist Schmid die rund 30 geladenen Gäste und Besucher auf eben jenes Konzept hin: Jeder muss sich in die Kontaktliste eintragen, wann immer möglich Abstand halten und ansonsten Masken tragen. Die Ausnahme bildet der Pavillon. Der ist ein öffentlicher Raum und da gilt im Kanton Bern seit dieser Woche ständige Maskenpflicht. Daran halten sich sogar die Ehrengäste: Die Maske bleibt auf dem Gesicht – Während Stucki und Wicki ihre Portraits aufhängen und auch als sie anschliessend mit Wenger für die Presse posieren.

Stucki ist mit seiner Familie angereist. «Es erfüllt mich mit Stolz, dass mir im Schwingerpavillon ein Plätzchen gewidmet wurde», sagt der Schwingerkönig. Deshalb habe er nach der Einladung auch nicht lange überlegen müssen, ob er diese annimmt. «Es wurde bereits einmal abgesagt. Wenn ich jetzt die Chance dazu habe, natürlich mit den gegebenen Sicherheitsmassnahmen, nehmen wir diesen Weg sehr gerne auf uns.» Als nächstes will der amtierende Schwingerkönig wieder in den Trainingsalltag zurückfinden. Die letzte Zeit hätte pausiert, aber jetzt gehe es wieder mit dem Schwingen los. «Damit ich wieder fit werde für die nächste Saison. Hoffentlich können wir dann wieder Schwingfeste haben.»

Dass die Schwinger ihre Portraits selber an die Wände des Pavillons hängen, ist mittlerweile Tradition. Laut Schmid nahm seit dessen Erbauung vor sieben Jahren jeder Schwingerkönig den Weg ins Diemtigtal auf sich. Zunächst Wenger, dann Matthias Sembach (König 2013), Matthias Glarner (König 2016) und nun Stucki und Wicki. «Wir freuen uns, dass auch die letztjährigen Sieger unserer Einladung trotz der aktuellen Situation gefolgt sind und diese Tradition fortgeführt haben.»
Der Schwingerweg startet beim Parkplatz Hasenloch in Springboden und ist rund 2,5 Kilometer lang. Entlang des ausgeschilderten Themenweges wird an verschiedenen Posten viel Wissenswertes über das Schwingen sowie zu den Themen Tradition und Brauchtum vermittelt. Anfang und Ziel des Schwingerwegs ist der Pavillon. Das sechseckige Gebilde wurde am 16. April 2013 errichtet. Hier sind die Portraits aller Schwingerkönige und Erstgekrönten seit der Gründung des Eidgenössischen Schwingverbands zu finden. Der Anlass für den Bau war der Sieg von Kilian Wenger am Esaf 2010 in Frauenfeld. Im Inneren des Pavillons befinden sich neben den Portraits auch zwei lebensgrosse Holzbüsten vom damals 20-jährige Diemtigtaler Schwingerkönig und seinem Preis, dem Muni «Arnold». Die Kunstwerke wurden vom Bildhauer Dominik Hollenstein in rund 420 Arbeitsstunden aus stehenden verleimten Kanthölzern gefertigt. Der Holz-Muni war ein Geschenk des Organisationskomitees des Esaf 2010 an die Gemeinde Diemtigen, aus Freude über den Festsieg Wengers.