Gina Krückl

Reporterin

Warum man Pneus besser nicht online kauft

Schon wieder steht der nächste Reifenwechsel an. Doch warum ist der Termin beim Automechaniker so wichtig? Gerhard Lauener und Mathias Rüger von der Garage Rüger in Meiringen erklären den Unterschied zwischen den Pneutypen und sagen, weshalb man Winterreifen nicht im Internet kaufen sollte.

Gerhard Lauener ist seit 15 Jahren bei Auto Rüger.

Der Oktober begrüsst die Schweiz mit stürmischen Winden, tiefen Temperaturen und viel Regen. Wer bislang noch die Sommerpneus montiert hat, wird von Tief Brigitte daran erinnert, zügig auf Winterpneus zu wechseln. Doch wer das vom Garagist seines Vertrauens erledigen lassen will, muss vermutlich ein paar Tage auf einen Termin warten. Aktuell gäbe es sehr viele Anfragen zum Pneuwechsel, bestätigt Gerhard Lauener, Serviceleiter bei Auto Rüger in Meiringen. «Die Pneuwechselzeiten im Frühling und Herbst sind vermutlich für die meisten Garagisten die stressigste Zeit im Jahr.» Doch das gehöre zum Job dazu: «Wir empfehlen unseren Kunden das Prinzip «O bis O», das bedeutet, die Winterpneus von Oktober bis Ostern montiert zu haben.»

Ein Prinzip, von dem ein Grossteil der Autofahrer vermutlich schon gehört hat. Für die meisten gehört der Pneuwechsel ebenso zum Autolebenszyklus wie die allzweijährliche MFK oder regelmässiges Tanken. Doch wozu braucht es den Pneuwechsel überhaupt? Im Interview mit dieser Zeitung erklären Lauener und Mathias Rüger, Geschäftsführer von Auto Rüger Meiringen, was genau der Unterschied zwischen Sommer- und Winterpneus ist.

Unterschied Sommer- zu Winterpneu

«Sommerpneus sind sehr viel härter in der Gummimischung», so Lauener. Dadurch hätte ein Winterpneu bei Temperaturen unter 7 Grad Celsius den besseren Grip. Zudem seien die Profile ganz anders aufgebaut, so Rüger. Zum einen hätten Winterpneus im Gegensatz zu Sommerpneus breitere Rillen. «Damit Wasser besser nach hinten ablaufen kann.» Zum anderen haben sie sogenannte Lamellen. «Die sollen bewirken, dass sich der Pneu am Boden festkrallen kann – ähnlich wie ein Insekt an der Wand.»

Ein Sommer- (links) und ein Winterpneu (rechts) im direkten Vergleich.

Ein wichtiger Faktor bei beiden Pneuarten sei die Abnutzung. Die gesetzliche Mindestprofiltiefe beträgt 1,6 Millimeter. «Allerdings verlangt das Gesetz, dass ein Fahrzeug witterungsbedingt an die Fahrbahn angepasst wird», so Lauener. Das bedeute, dass ein Fahrer im Falle eines Unfalls schadenersatzpflichtig gemacht und sogar strafrechtlich belangt werden könne. «Darum empfehlen wir Pneus nicht tiefer als auf vier Millimeter abzufahren.» Ähnlich verhält es sich mit dem Luftdruck: «Dieser wirkt sich auf die Langlebigkeit des Pneus und auf den Bremsweg aus und sollte darum bei jedem zweiten bis dritten Tankgang überprüft werden.»

Grundsätzlich gäbe es keine gesetzliche Verpflichtung zum Montieren von Winterreifen in der Schweiz, so Rüger. «Auf einigen Strassenabschnitte wie etwa Pässen können Winterpneus oder sogar Schneeketten obligatorisch sein.» Zudem hätten einige unserer Nachbarländer wie etwa Deutschland ein Winterpneuobligatorium. «Das geht kurz vor den Ferien aber schnell vergessen.»

Die Rillen auf einem Pneu sollten immer mindestens vier Millimeter tief sein.

Neben der Beschaffenheit eines Pneus spiele aber vor allem auch sein Alter eine grosse Rolle. «Die Gummimischung härtet mit der Zeit aus und wird spröde.» Dabei würde sich vor allem die Nasseigenschaften eines Pneus verschlechtern – bei Wasser oder Schnee auf der Strasse kann dies potenziell einen Unfall verhindern. «Der richtige Pneu kann den Unterschied machen, ob man einen halben Meter vor oder nach einem Fussgänger zum Stehen kommt.» Deshalb empfehle der TCS alle über vierjährigen Pneus zu ersetzen. Auch dann, wenn sie eigentlich noch brandneu wären. «Es ist sinnlos seine Winterpneus schonen zu wollen und sie darum, statt zu montieren im Lager zu lassen», sagt Rüger.

Die korrekte Lagerung ist entscheidend

Bei der Pneulagerung können Autobesitzer laut den beiden Experten sowieso einiges falsch machen. «Das im Pneu enthaltene Kautschuk ist UV- und Temperatur-empfindlich», so Rüger. Daher sei es wichtig sie in einem dunklem, halbwegs Temperatur-stabilen Raum zu lagern. Zudem sollten Pneus nicht mit chemischen Stoffen, Ölen oder ähnlichem behandelt werden. «Kautschuk ist ein Naturprodukt, das durch ein falsches Mittel Schaden nehmen kann», so Lauener. Weiter könnten Pneus bei langer, stehender Lagerung auf derselben Fläche eine Standfläche kriegen. «Nach der Montage stolpert das Auto dann über die abgeflachte Seite und es wird eine sehr holprige Fahrt.» Idealerweise sollten Pneus in einer speziellen Aufhängung oder nebeneinander auf dem Boden liegen. Doch wer hat schon so viel Platz im Keller? Auch darauf wissen die beiden Experten Rat: Die meisten grösseren Garagen hätten sogenannte Pneuhotels. Darin würden Reifen das ganze Jahr durch fachgerecht aufgehängt. «Unsere Kunden müssen so nur noch einen Termin vereinbaren und sich nicht mit dem Transport und der Lagerung ihrer Pneus herumschlagen», sagt Lauener.

Im Pneuhotel der Auto Rüger AG in Meiringen hängen Dutzende Reifen und warten auf ihre Montage.

Pneus besser nicht online kaufen

Autobesitzer könnten einen neuen Satz Pneu natürlich auch online kaufen, so Lauener. «Wir raten aber ganz klar davon ab.» Zunächst einmal wegen der fehlenden Beratung: «Jeder Wagen, jeder Fahrstil verlangt nach einem anderen Reifentyp und es gibt Hunderte unterschiedlicher Typen – ein Fachmann kann bei so einer Entscheidung sehr hilfreich sein.» Dieser kann bei einem Problem nach dem Kauf meist auch viel schneller helfen und gegebenenfalls für Ersatz sorgen. Online sei das schwieriger und langwieriger. «Bei Marken-Garagen gibt es zudem oftmals noch eine Pneugarantie.» Je nach Profiltiefe werde ein Teil oder sogar die ganzen Kosten für den neuen Pneu übernommen. Gerade bei gebrauchten Pneus rät der Profi zur Vorsicht: «Hinterfragen Sie immer den Grund, wieso ein Satz Pneus verkauft wird. Besonders, wenn der Preis überraschend tief ist.»

Zu viele Leute würden die Wichtigkeit von Pneus unterschätzen. «Ein normales Auto wiegt über eine Tonne und steht auf lediglich vier Handbreit Boden. Daher ist es elementar, dass das Verbindungsstück, der Pneu, in optimalem Zustand ist.»

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